JOHANNES FRIEDEMANN
Portrait
Biografie
Der Pianist Johannes Friedemann wurde international bekannt, als er beim fünfzigjährigen Jubiläum der Berliner Philharmonie Beethovens fünftes Klavierkonzert interpretierte. Sein Spiel wurde mehrmals vom Westdeutschen Rundfunk im Fernsehen übertragen.
Im Alter von sechzehn Jahren begann er sein Klavierstudium bei Prof. Barbara Szczepanska in Düsseldorf, danach studierte er bei Prof. Homero Francesch an der Zürcher Hochschule der Künste und schloss sein Diplom im Fach Klavier mit Auszeichnung ab. Weitere künstlerische Anregungen erhielt er bei Vladimir Ashkenazy.
Johannes Friedemann gastierte als Solist beim Münsterlandfestival und trat unter anderem an der Biennale in Venedig, am Gewandhaus Leipzig, beim Klavierfestival Greetsiehl und in der Tonhalle Düsseldorf auf. Im Jahr 2023 spielte er die Welturaufführung eines Klavierkonzertes anlässlich Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen in Dubai.
Beim internationalen Klavierwettbewerb Città di Cesenatico und als Finalist beim internationalen Seiler-Klavierwettbewerb auf Rhodos, sowie bei vielen anderen Wettbewerben in Deutschland und Italien gewann er zahlreiche Preise und Auszeichnungen.
Pressestimmen
„…Mit dem einzigartigen “Konzert für Klavier und Orchester Nr. 5 Es-Dur op. 73” von Ludwig van Beethoven fand dieses Herbstkonzert einen grandiosen Abschluss. Dieses Werk schien wie für den noch jungen Pianisten Johannes Friedemann geschrieben. Spieltechnisch glänzend aufgelegt konnte er sich ganz dem Ausdruck jenseits des reinen Notentextes widmen.
Seinen kultivierten Anschlagkonnte er glänzend einsetzen, bei einem Werk, das als Prüfstein hoher Pianistik gilt. Sein farbenreiches Spiel ließ dabei keine Wünsche offen, man konnte diese Beethoveninterpretation einfach nur genießen. Mit Klaus Böwering hatte er einen Partner am Dirigentenpult, der die Spielweise perfekt aufnahm und mit dem Orchester weiterführte. Johannes Friedemann zeigte sich als ganz reifer Musiker.”
Axel Engels, Münsterländische Volkszeitung
“…Ein fulminanter Abschluss mit einen Musiker am Flügel, der die ganze Bandbreite seines Könnens in seinem Vortrag zu Tage brachte. Er drückte mit seinem filigranen Spiel diesem Konzertteil seinen Stempel auf.
Soloeinlagen mit technischen Raffinessen bestückt, und Partien mit Orchesterbegleitung reihten sich hierbei wie Perlen aneinander und machten dieses Konzert endgültig zu einem Erlebnis. Die restlos begeisterten Besucher klatschten stehend Beifall und erhielten für ihren Applaus mehrere Zugaben von Johannes Friedemann am Flügel.”
Helmut Schwietering, Westfälische Nachrichten
“…Ludwig van Beethovens letztes Klavierkonzert hat einen heroischen Klang. Weltbekannt der einleitende Dreiklang des Orchesters mit der folgenden virtuos auskomponierten Kadenz des Klaviers. Johannes Friedemann gab ein brillant interpretiertes Konzert, das sich sowohl in den schwierigen Solopassagen als auch im Zusammenspiel mit dem gut geführten Orchester als großartig offenbarte. Friedemanns souveränes Spiel zeigte sich sowohl durch das aufmerksame Hineinspielen in den Orchesterpart als auch im Herausstellen seiner Solopartien. Klaus Böwering führte durch diesen konzertanten Dialog unter Berücksichtigung verschiedener Dynamik und Klangfarben, durch verschiedene musikalische Motive und überraschende Tonartwechsel…Und wieder zeigte sich das hervorragende Ineinander von Klavier und Orchester, das dieses Klavierkonzert zum Meilenstein derartiger Kompositionen auf dem Weg zum sinfonischen Konzertstil gemacht hat.“
Ingmar Winter, Münsterländische Volkszeitung
Interview
Im folgenden Interview berichtet der Pianist Johannes Friedemann über seine Konzerttätigkeit und das aktuelle Soloprogramm.
Johannes Friedemann, sie spielen in Ihren Solorecitals zurzeit Beethovens 5. Sinfonie als Klaviertranskription von Franz Liszt. Wie sind Sie auf dieses Werk gekommen?
JF: Diese Klaviertranskription wurde viele Jahre nicht live aufgeführt, die Orchesterfassung ist aber jedem Musikfreund bekannt. Das Stück ist eine pianistische Herausforderung und für das Publikum ein ganz besonderes Erlebnis. Die Leute kommen meist neugierig in das Konzert und sind überrascht, mit welcher Wucht das Orchesterstück auf dem Klavier daherkommt.
Warum wurde die Transkription lange nicht aufgeführt?
JF: Das Stück galt lange Zeit als unspielbar schwer. Franz Liszt hat das symphonische Format des Werkes mit seiner Klangfülle auf die Tastatur übertragen. Man hat dabei im wahrsten Sinne alle Hände voll zu tun und bewegt eine viel grössere Masse an Tönen, als in irgend einem anderen Virtuosenstück. Die Sinfonietranskription wurde in den 60er Jahren durch eine Schallplattenaufnahme des Pianisten Glenn Gould bekannt.
Gould nutzte schon damals die Möglichkeiten der Aufnahmetechnik und nahm das Werk mehrspurig auf. Dabei hört man ihn passagenweise 4-Händig spielen – ein Trick um die technischen Risiken und Unsauberkeiten zu umgehen. Danach wurde das riskante Stück kaum noch live aufgeführt und von den meisten Pianisten gemieden. Es braucht in der Tat eine lange Vorbereitungs- und Reifezeit.
Dann lieben Sie wohl vor allem die technische Herausforderung?
JF: Die technische Frage sollte nicht von der musikalischen Frage getrennt werden, was leider oft geschieht. Pianistische Technik ist nämlich nicht nur die Art und Weise, in der man schnell und mit Leichtigkeit eine Abfolge von Tönen spielt. Sie ist der Ursprung des Klangs und beginnt mit der musikalischen Vorstellung. Technische Schwierigkeiten lassen sich daher oft schon durch eine natürlichere Vorstellung und Gestaltung einer Phrase lösen.
Das Fundament meiner Klaviertechnik ist die russische Klavierschule, die ich zu Beginn meiner Ausbildung lernte. Ihr verdanke ich die Explosivkraft in meinen Fingern, durch die ich alle Schwierigkeitsgrade bewältigen kann. Später, während meiner Zeit in Italien, konnte ich meinen Anschlag mit Hilfe der italienischen Schule verfeinern und meine ganz eigne Klangsprache finden.
Ich liebe einen natürlichen Klavierklang. Den ganzen Tag bin ich auf der Suche nach neuen Klängen. Besonderen Wert lege ich dabei auf eine große dynamische Spannung und Farbe, Farbe, Farbe!
In einem anderen Interview sagten Sie, dass Sie vor allem ein junges Publikum ansprechen wollen.
JF: Einige Veranstalter beklagen sich, dass das Publikum in den Konzertsälen immer älter wird. In der Tat sind junge Leute bei Klavierabenden oft noch in der Minderheit.
Könnte das an dem klassischen Repertoire liegen?
JF: Auf keinen Fall, obwohl dies oft behauptet wird.
Vielleicht liegt es daran, dass in der Klassik seitens der meisten Musiker noch zu wenig Musikvermittlung gemacht wird.
In der Popmusik ist man da schon weiter, wo neben der musikalischen Aussage auch die Persönlichkeit und der Lifestile des Künstlers vermittelt wird. Musik hat eben etwas mit Menschen zu tun und das Leben soll sich in einer kreativen Tätigkeit wiederspiegeln.
Wie stellen Sie sich Musikvermittlung für Jugendliche konkret vor?
JF: Man muss vielen Jugendlichen erst einmal einen wirklichen Zugang zur Klassik verschaffen. Die Begeisterung kommt dann meistens von selbst.
Ich spiele bei Schulprojekten öfter für Jugendliche. Bei diesen Gelegenheiten gebe ich zur Performance eine Moderation mit kleinen Vorträgen und Anekdoten über die Musik. Das gehört dann zum Programm und das Publikum ist schon “angewärmt” wenn es los geht.
Außerdem könnten manche Abendveranstaltungen einen weniger konservativen Anstrich haben. Das kann sich schon durch ein entsprechendes Vorprogramm oder durch ein “meet the artist – Programm” nach dem Konzert ändern, was übrigens bei allen Altersgruppen sehr beliebt ist.
Ludwig van Beethoven scheint Ihr Lieblingskomponist und Schwerpunkt in Ihrem Repertoire zu sein. Die Klavierkonzerte, Diabelli-Variationen, Sinfonietranskription…
JF: Beethoven kommt meinen Charakter sehr entgegen. Mich fasziniert die Spanne zwischen der männlichen Ausdruckskraft und seiner oft beinahe kindlichen Sensibilität. Auf einen Lieblingskomponisten lege ich mich aber nicht fest. Die Musik von Franz Liszt macht mir vor allem spielerisch wahnsinnigen Spaß. Aber Johannes Brahms ist auch meine ganz große Leidenschaft! Sie sehen, es wäre schade sich festzulegen
Interview mit der Münsterschen Zeitung
Musik ist sein Leben. Wer ihn spielen hört, zweifelt keine Sekunde daran. Johannes Friedemann ist Pianist und Preisträger verschiedener internationaler Klavierwettbewerbe. Der Absolvent des Gymnasium Arnoldinum lebt in Zürich/Schweiz. Vor wenigen Tagen war er wieder einmal in seiner Heimat zu Gast und gab ein Konzert im Alten Speicher Laer. Eltern und Geschwister leben in Burgsteinfurt. Sie freuen sich, wenn der gefragte Solist zwischen seinen Verpflichtungen die Zeit findet, nach Hause zu kommen. Kritiker schätzen die außerordentlich hohe Perfektion, aber auch das ungewöhnliche Einfühlungsvermögen in die Kompositionen des Barock bis hin zu Werken des 21. Jahrhunderts. Sein Lieblingskomponist ist Ludwig van Beethoven. „Ich habe das ständige Bedürfnis, mich intensiv mit Musik zu beschäftigen. Aus diesem Grund bin ich Pianist geworden“, charakterisiert der Virtuose sich selbst. Er hat bereits ganz Große des Musikgeschäftes kennengelernt. So zum Beispiel den russischen Pianisten und Dirigenten Wladimir Ashkenazy. „Ich lernte ihn in Lugano kennen“, so Friedemann, „und arbeitete mit ihm an Werken von Frederic Chopin und Franz Liszt“. Im Tessin wohnen viele interessante Künstler. „Die Begegnung mit ihnen“, hebt der junge Pianist hervor, ist nach dem Studium sehr hilfreich“. Es sei gut, vor Konzerten einen „Trainer“ zu haben.
„Die Musik entdeckte ich schon im Kleinkindalter“, erinnert Friedemann. Da seine Eltern täglich musizierten, entwickelte er schnell das Bedürfnis, sich intensiv mit dem Klavierspiel zu beschäftigen. Vater spielte Piano, Mutter Geige, die beiden Schwestern Flöte und Gitarre. Mit vier Jahren wollte der Junge Geige spielen und bekam ein eigenes Instrument. Mit sechs Jahren begann er, das Klavierspiel zu erlernen. Vater Meinhard lehrte ihn die Grundlagen. „Musiziert habe ich immer aus eigener Motivation heraus“, betont Johannes Friedemann. „Meine Eltern haben mich nie gezwungen, aber nach Kräften unterstützt.“ Die Musikausbildung begann weit vor der regulären Studienzeit.
„Mit zehn Jahren wusste ich, dass ich Musiker werden wollte“, so der ehemalige Arnoldiner. Zu dieser Zeit faszinierte ihn besonders das Orgelspiel. „Mit elf Jahren fand ich es toll, die Orgel einfach mal auf ‚tutti’ zu stellen und die große Evangelische Kirche von der Musik Johann Sebastian Bachs erbeben zu lassen“, sagt Friedemann schmunzelnd.
Nach dem Abitur überlegte er zunächst, beruflich in Richtung „Musikwirtschaft“ zu gehen. Er bekam eine Prak-tikumsstelle in der Marketingabteilung der „Mailänder Scala“. Ein paar Wochen blieb Zeit, die Italienischkenntnisse zu vertiefen. „Währenddessen wurde mir jedoch klar, dass ich am Liebsten selbst musiziere“, so der Pianist.
Die emotionale Einfühlung in die Musik ist ihm das Wichtigste. Allerdings, sagt er, könne man diese nicht gegen technische Perfektion ausspielen. „Technische Perfektion ist für mich Mittel, ein künstlerisches Ziel zu erreichen“, erläutert Friedemann und er meint weiter: „Die emotionale Einfühlung und die technische Perfektion zusammen reichen nicht aus. Man sollte sich auch intellektuell mit der Musik auseinandersetzen. Diese Dinge müssen bei der Arbeit Hand in Hand gehen.“ Musik ist für ihn die Reflektion seines Lebens. „Die Persönlichkeit eines Musikers ereignet sich gewissermaßen beim Musizieren“, erklärt Friedemann das Phänomen.
Die gefühlsmäßige Wirkung des Klavierspiels stammt nicht von ungefähr. „Die emotionale Kraft schöpferischer Vorgänge muss aus dem Leben kommen“, sagt der Virtuose. So brauche man einen Ausgleich zur Arbeit und genügend Entspannung. Der tägliche Spaziergang ist ihm wichtig. Außerdem besucht er gern Museen und Konzerte. Für die angemessene Interpretation der Werke muss man sich auch mit der Person des Komponisten beschäftigen. „Das half mir vor allem bei Ludwig van Beethoven“, so der Pianist.
Ein Konzert als Interpret zu bestreiten geht nicht routinemäßig von der Hand. „Das besondere dabei ist, dass diese Leistung in Echtzeit abläuft“, sagt der Musiker. „Man muss mental sowie körperlich fit sein und täglich etwas dafür tun“. Konzentration ist enorm wichtig. Meditation, verschiedene mentale Techniken und ein leichter sportlicher Ausgleich spielen eine wichtige Rolle.
Besondere Bedeutung hat für Johannes Friedemann der Dialog mit dem Publikum. „Ein Konzert ist für mich wie ein Zwiegespräch mit dem Zuhörer“, sagt er. „Ich fühle genau, ob das Publikum aufmerksam ist. Die Spannung im Raum und die Erwartungshaltung helfen mir beim Spiel“. Vor allem möchte er ein junges Publikum ansprechen. Bei seinem letzten Konzert gab er vor Beginn eine Einführung. „Die Leute schwingen bei einem anspruchsvollen Programm besser mit, wenn man vorher etwas dazu erklärt“, sagt der Pianist. „Ich habe mich sehr gefreut, auch Jugendliche unter den Zuhörern zu sehen“. Um junge Menschen für die klassische Musik zu begeistern sei die Musikvermittlung sehr wichtig, meint der Virtuose. „Ich denke, die Zeiten sind vorbei, in denen der Pianist als unnahbares Wesen auf der Bühne erscheint und nach dem Auftritt einfach wieder verschwindet. Die Zuhörer sollen auch etwas über die Arbeit am Werk und über den Beruf des Musikers erfahren“. Ein großes Vorbild ist Herbert von Karajan, weil er die klassische Musik so vielen Menschen zugänglich machte.
Mit dem derzeitigen Stand seiner Pianisten-Karriere ist Friedemann sehr zufrieden. Die Zahl seiner Auftritte steigt kontinuierlich. Allein im Juni spielt er in vier Ländern und fliegt auch in die USA. Besondere Freude macht die Arbeit für die Konzertreihe „Weltklassik am Klavier“, die in ganz Deutschland gastiert. Eines ist für den Pianisten aus Leidenschaft völlig sicher: „Ich werde weiterhin als Solist arbeiten“.
Rainer Nix, Münstersche Zeitung
Foto: Oliver Look